Bewerben in England
Allgemeines
Das System der Arbeitsvermittlung in England
ist das liberalste innerhalb der EU. Aus
diesem Grund und aufgrund der weitverbreiteten
Englischkenntnisse auch bei deutschen Studienabsolventen,
zählt England zu den beliebtesten Wahlstationen
für einen Auslandsaufenthalt.
Negativ
Englische Berufsanfänger sind wegen des ganz
anders gearteten Bildungs- und Ausbildungssystems
erheblich jünger (21-22 Jahre alt) als deutsche
Bewerber, so dass diese im Bewerbungsgespräch
in Erklärungsnöte kommen und zudem mit Jüngeren
in Konkurrenz treten müssen. Sie sollten
klar herausstellen, dass der deutsche Abschluss
eher einem »postgra-duate«-Studium
entspricht und der ältere Bewerber mehr Berufs-
und Lebenserfahrung mitbringt.
Positiv
In England schränkt das Studiengebiet
die Arbeitssuche nicht in demselben Maße
ein wie in Deutschland. So findet man beispielsweise
Geisteswissenschaftler oder Kunsthistoriker
ganz selbstverständlich im Bankwesen oder
in wirtschaftlich geprägten Unternehmensabteilungen.
Gute Chancen also für Quereinsteiger, die
über den eigenen Tellerrand schauen können
und bereit sind, sich auf ganz anderem als
dem Studiengebiet fit zu machen.
Ganz allgemein ist die britische Wirtschaft
im Aufwind und englische Firmen sind daran
interessiert, auf den deutschen Markt zu
expandieren. Die Kenntnis der deutschen Sprache
ist daher ein echtes Plus auf dem Bewerbermarkt.
Praktika sind in England schwierig zu bekommen.
Die meisten Firmen haben feste Vereinbarungen
mit englischen Studenten, die in den Semesterferien
für das Unternehmen arbeiten. Außerhalb der
Sommersemesterferien (Ende Juni bis Ende
September) sind Praktika ohnehin unüblich.
Britische Firmen sind gegenüber ausländischen
Arbeitnehmern sehr offen eingestellt, so
dass von dieser Seite her keine Hindernisse
überwunden werden müssen und du dich relativ einfach
bewerben kannst.
Bewerben in England - Job finden
Hauptarbeitsvermittler in England
sind die staatlichen Arbeitsämter, die »Job
Centres«, daneben gibt es zahlreiche
private Vermittlungsagenturen, die häufig
auf bestimmte Berufsgruppen und Arbeitsgebiete
spezialisiert sind.
Die Job Centres können auch von ausländischen
Interessenten genutzt werden - die Adressen
findet man im Internet oder in den örtlichen Telefonbüchern
unter dem Stichwort »Employment Services«.
Die kommerziellen Agenturen vermitteln Stellen
in allen Bereichen und für alle Ebenen, vom
Praktikanten bis zum Topmanager. Die Vermittlung
ist für den Stellensuchenden kostenlos. Adressen
der privaten Vermittler findet man in Universitätsbibliotheken
und den Industrie- und Handelskammern, in
den Gelben Seiten (Yellow Pages) der örtlichen
Telefonbücher (Stichworte »Personnel
Consultants« oder »Headhunters«)
oder fordert eine Adressenliste an bei: FRES,
36-38, Mortimer Street, London W1N 7 RB.
Overseas Placing Unit (OPU) vermittelt Stellenangebote
und -gesuche aus anderen EU-Ländern und hilft
ausländischen Bewerbern weiter. Kontaktadresse:
OPU, The Employment Service, 123, West Street,
Steel City House, Sheffield S1 4ER.
»Careers Services« existieren an
fast allen britischen Hochschulen. Sie sind
zu einem Verband zusammengeschlossen, dem
CSU (Central Services Unit), der einige hilfreiche
Broschüren herausgibt, die man unbedingt
bestellen sollte (Adresse s.u.). Auch deutsche
Hochschulabsolventen können sich mit der
Bitte um Hilfe an den Careers Service wenden.
Careers Services geben zum Teil eigene Listen
mit Stellenangeboten heraus, helfen bei der
Bewerbung und der Gestaltung der Unterlagen,
stellen Kontakte zwischen Firmen und Bewerbern
her, vermitteln Sommerpraktika und organisieren
Firmenkontaktmessen. Kontakte unter: Central
Services Unit (CSU) der Universitäten, Armstrong
House, Oxford Road, GB-Manchester M1 7ED.
Im Internet unter www.agcas.org.uk oder auch
unter https://www.prospects.ac.uk/index.htm.
Auch in
England lohnt sich natürlich das
Auswerten der Stellenanzeigen aus dem Internet oder in den großen
Zeitungen und Zeitschriften: The Times/Sunday
Times, The Guardian, The Independent/Independent
on Sunday mit Stellenangeboten aus allen
Bereichen, Financial Times (Stellen im Finanzsektor),
The Daily Telegraph (Management und technische
Stellen), The Evening Standard (Stellenangebote
aus dem Großraum London), The Observer, Job
Search. Der Nachteil der englischen
Stellenanzeigen sind die weitgehend unverständlichen
Abkürzungen, für die man sich am besten eine
Liste zur Hilfestellung besorgt. Selbst ein
Stellengesuch aufzugeben, ist in England
unüblich.
Bewerben in England - Besonderheiten bei
der schriftlichen Bewerbung
Die Bewerbungsunterlagen für England
bestehen aus:
› Anschreiben, eine Seite lang.
› Lebenslauf, Curriculum
Vitae (CV), ohne Foto, antichronologisch
aufgebaut, d.h. man beginnt mit den neuesten
Daten und geht dann chronologisch rückwärts.
Details wie Religionszugehörigkeit, Heirat,
Beruf der Eltern werden weggelassen. Der
Lebenslauf wird weder datiert noch unterschrieben.
› Gern gesehen wird der Hinweis darauf, dass
Referenzen auf Wunsch nachgereicht werden
können.
› Die Anrede im Anschreiben erfolgt mit Namen:
Dear Mr. ... oder Dear Mrs. ... Der Doktortitel
existiert in England nur für Ärzte.
› Arbeitszeugnisse sind in England unbekannt
und müssen daher nicht eingereicht werden;
auch Diplomzeugnisse werden nicht eingereicht.
Ein britisches Spezifikum
beim Bewerben sind standardisierte
Bewerbungsformulare oder Personalfragebögen,
die die meisten Firmen verwenden und die
auf Anfrage oder nach Eingang der Bewerbungsunterlagen
zugeschickt werden. Sie enthalten zum Teil
sehr detaillierte Fragen zu beruflichen und
persönlichen Dingen, die sorgfältig beantwortet
werden sollten. Sie eignen sich im übrigen
gut zur Vorbereitung auf ein Vorstellungsgespräch.
Wichtig ist die Klassifizierung deiner Sprachkenntnisse:
basics, working know-ledge, fluently.
Vorstellungsgespräch
In England ist man sehr interessiert
an der
Persönlichkeit eines Bewerbers und
viele Personalchefs fragen nach Hobbies,
Vereinszugehörigkeit (leadership) oder außeruniversitärem
Engagement und fahnden so nach dem sprichwörtlichen
britischen »Sportsgeist«.
Bewerben in England - Gehalt und Sozialleistungen
Britische Gehälter liegen im Schnitt 10%
unter dem deutschen Niveau. Sehr oft wird
das Gehalt bereits in der Stellenanzeige
konkret genannt, dann gibt es keinen Verhandlungsspielraum.
Viele Zusatzleistungen (auch schon in niedrigeren
Managementpositionen) können jedoch noch
ausgehandelt werden. Die Steuersätze sind
erheblich niedriger als in Deutschland, sie
werden gestaffelt nach der Höhe des Einkommens
berechnet.
Die Leistungen der staatlichen Pflicht-Krankenversicherung
sind nicht mit dem deutschen Niveau vergleichbar,
deshalb empfiehlt sich eine Zusatzversicherung.
Arbeitsvertrag/Arbeitszeit/Probezeit
Arbeitsverträge werden im allgemeinen schriftlich
abgefasst, aber auch mündliche Verträge haben
Gültigkeit. Der Arbeitsvertrag sollte enthalten:
Eintrittstermin, Dauer der Probezeit (3-6
Monate), Kündigungsfrist (ist gesetzlich
geregelt, gestaffelt 1-12 Wochen), Höhe der
Abfindung bei Kündigung. Arbeitsverträge
sind in den meisten Fällen unbefristet, allerdings
sind auch in England befristete Verträge
inzwischen auf dem Vormarsch. Die reguläre
Arbeitszeit in England dauert von 9-17 Uhr,
Wochenendarbeit ist eher üblich als in Deutschland.
Der Urlaubsanspruch beträgt drei bis fünf
Wochen im Jahr, durchschnittlich hat ein
Arbeitnehmer 20 Tage Urlaub im Jahr. Dazu
gibt es acht gesetzliche Feiertage plus ein
bis drei regionale Feiertage. Berufsanfänger
können ihren ersten Urlaub nach der Probezeit
nehmen.
Bewerben in England - Weitere Informationen
Arbeitssuchende aus Deutschland haben in
England den gleichen Status wie Einheimische.
Sie haben auch die gleichen Rechte, was Einstellungs-
und Arbeitsbedingungen, Bezahlung, Sozialversicherung
und Fortbildung betrifft.
Die Aufenthaltsgenehmigung, residence permit,
beantragt man mit einem entsprechenden Formular
(erhältlich beim Job Centre, Home Office
oder der Polizei) plus zwei Passfotos und
dem Pass beim Home Office.
Über die Regelungen der Sozialversicherung
informiert man sich am besten bei der deutschen
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte
in Berlin oder mit Hilfe einiger Broschüren
des Bundesverwaltungsamtes.
Auch zwischen England und Deutschland
gibt es das sogenannte »Doppelbesteuerungsabkommen«,
wonach in dem Land Steuern gezahlt werden,
in dem das Gehalt verdient wird.