Energietechnik - Ein vielfältiges Beschäftigungsfeld mit Zukunft
Ein Beitrag von Prof. Dr.-Ing. Jan Mugele, Hochschule Magdeburg-Stendal, Fachbereich Ingenieurwissenschaften und Industriedesign
Den Begriff Energiewende kennt fast jeder. Aber wer setzt eigentlich die Energiewende um? Dies erfolgt nicht durch Politiker, wie man manchmal meinen könnte, sondern hauptsächlich durch Ingenieurinnen und Ingenieure die sich in ihrem Studium mit Energietechnik beschäftigt haben. Energietechnik berührt fast jeden Bereich unserer modernen Gesellschaft. Ohne sie gäbe es keine Industrie, keinen Transport, keine modernen Dienstleistungen und am Ende nicht den hohen Lebensstandard, den wir heute genießen dürfen.
In den kommenden Jahrzehnten müssen wichtige Probleme gelöst werden. Diese sind z.B. die Sicherstellung einer stabilen und preiswerten Versorgung mit Energie, der Umweltschutz oder die soziale Gerechtigkeit unter dem Gesichtspunkt der Energieversorgung.
»Es werden kreative Ingenieurinnen und Ingenieure benötigt!«
Besonders im Bereich Elektroenergieversorgung ist es in den Letzten Jahren zu deutlichen Änderungen gekommen. So stieg z.B. der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromproduktion von 9,2% im Jahr 2004 auf 25,8% im Jahr 2014, während gleichzeitig der Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen wurde. Das Ziel der Bundesregierung ist, diesen Anteil in den nächsten 15 Jahren zu verdoppeln[1]. Es werden kreative Ingenieurinnen und Ingenieure benötigt, um innovative und effiziente Lösungen zu finden, damit die Ziele erreicht werden können, damit unsere Energieversorgung auch in Zukunft auf sicheren und nachhaltigen Fundamenten ruhen wird.
Was bedeutet es Energietechnikerin oder Energietechniker zu sein?
Die in Tätigkeitsbereiche von Ingenieurinnen und Ingenieuren der Energietechnik sind vielfältig und bestehen nicht nur aus Rechnen und Zeichnen. Sie umfassen neben den klassischen Bereichen Energieerzeugung, Energiespeicherung, Energietransport und Energienutzung auch die Vermarktung und die wirtschaftliche Analyse. Dabei steht immer die Lösung von konkreten Problemen im Vordergrund. Die Fragen, die dabei beantwortet werden müssen, können zum Beispiel: Unter welchen Voraussetzungen können Öl und Kohle durch Wind, Biomasse und Sonne ersetzt werden? Wie kann die Energie stabil zu den Verbrauchern transportiert werden? Wie kann die Effizienz der Energienutzung erhöht werden? Wie und wann muss Energie gespeichert werden? Rechnen sich die Lösungen überhaupt? Sind die Lösungen im rechtlichen Rahmen umsetzbar? Wie überzeuge ich die Betroffenen von meiner Lösung? lauten.
»Die projekt- und teamorientierte Arbeit steht im Vordergrund.«
Bei der Beantwortung solcher komplexen Fragestellungen steht die projekt- und teamorientierte Arbeit im Vordergrund. Als Auswirkung der Globalisierung werden viele Projekte auch in einem internationalen Kontext durchgeführt. Energietechnikerinnen oder Energietechniker sind also Allrounder, die in einer im hohen Maße kreativen, teamorientierten und stark zunehmend internationalen Arbeitswelt tätig sind.
Wie sehen die beruflichen Perspektiven aus?
Wer im Moment als Ingenieurin und Ingenieur der Elektrotechnik einen Arbeitsplatz sucht, trifft auf ein Segment im Arbeitsmarkt, in dem
Vollbeschäftigung herrscht. Fachleute werden in diesem Bereich händeringend gesucht. Für einen arbeitssuchenden Ingenieur gibt es momentan etwa 3 zu besetzende Stellen. Die Arbeitsplätze finden sich in großen, international tätigen Konzernen, in kleinen und mittleren Unternehmen, in der öffentlichen Verwaltung und in Forschungsinstituten, so dass die Möglichkeiten sich zu spezialisieren sehr vielfältig sind[3]. Auch die hohe Zufriedenheitsrate der Absolventen in ihrem Studium von 86% zeigt, dass ein Studium der Elektrotechnik eine richtige Entscheidung ist. Und last but not least, nach nur einem Jahr Tätigkeit ist das Gehalt von Absolventen der Elektrotechnik mit 42.650 € das Höchste aller Fächergruppen
Besteht das Studium nur aus Rechnen und Physik?
Das Ziel eines Studiums ist vor Allem die Fähigkeit zu erlangen, sich in der Praxis ergebende Probleme lösen zu können. Dazu ist es natürlich erforderlich, die naturwissenschaftlichen Zusammenhänge und die Methoden zu deren Berechnung zu kennen. Sie bilden das Handwerkszeug von Ingenieurinnen und Ingenieuren. Das Studium gliedert sich in ein siebensemestriges Bachelorstudium, in dem die notwendigen Grundlagen gelegt werden und ein dreisemestriges Masterstudium, in dem eine bestimmte Spezialisierung erworben wird.
»Schwerpunktfächer sind Mathematik, Physik, Informatik.«
Die Kenntnisse werden in Vorlesungen, Seminaren, Laborpraktika, Übungen und Tutorien vermittelt. Natürlich haben nicht alle Studienanfängerinnen und -anfänger die gleichen Voraussetzungen beim Studienbeginn. Deshalb wird Wert darauf gelegt, auf die unterschiedlichen Voraussetzungen der Studienanfänger einzugehen und allen Studierenden die Möglichkeit zu bieten, ihre Studienziele zu erreichen. Grundlegende Schwerpunktfächer sind Mathematik, Physik, Informatik, wissenschaftliche Arbeitsmethoden und Projektarbeit. Ist das Fundament in den ersten Semestern gelegt, folgen darauf aufbauend die verschiedenen Fächer der Studienvertiefungen. Dazu zählen Elektrische und Erneuerbare Energietechnik, Industriesteuerungen, sowie IT- und Kommunikationsnetze.
Inhalte der Vertiefungsrichtung Elektrische und Erneuerbare Energietechnik sind z.B.:
›Projektierung, Errichtung und Vertrieb von Elektroenergieanlagen
›Betreiben von Elektroenergieversorgungssystemen
›Einsatz moderner Leistungselektronik und Antriebstechnik
›Konzeption, Planung und Betrieb von Anlagen regenerativer Energie
Aber nicht nur technische Kompetenzen sind für einen erfolgreichen Berufsstart erforderlich. Deshalb werden in zahlreichen nichttechnischen Fächern Kenntnisse in z.B. Rhetorik, Unternehmensgründung oder Englisch vermittelt. Die Möglichkeit für die Studierenden sich in Wahlpflichtfächern Wissen zu erwerben, das persönlichen Neigungen und Interessen entspricht, rundet das Studium ab.
Das Studienprogramm zeichnet sich durch große Praxisnähe aus. So haben alle Lehrenden mehrjährige Praxiserfahrung, die sie in der Lehre weitergeben. Projektarbeiten werden mit konkretem Praxisbezug angeboten und das obligatorische Praktikum am Ende des Studiums führt in die Arbeitswelt ein und ist oft der Ausgangspunkt für die Anfertigung der Abschlussarbeit in einem Unternehmen, die zum Abschluss Bachelor of Engineering (B.Eng.) führt. Die Lehrinhalte werden durch die Ergebnisse praxisnaher Forschungsprojekte, in die Studierende eingebunden werden können, bereichert. Somit wird ein beständig hohes Niveau in der Lehre gewährleistet.
Das Bachelorstudium legt die entscheidenden Grundlagen, um im Beruf erfolgreich starten zu können, aber vor Allem die Grundlagen, um nach dem Studium erfolgreich weiter hinzulernen zu können.
Wozu ist ein Master gut?
Der Schwerpunkt des Masterstudiums ist die Vertiefung des im Bachelorstudium erworbenen Wissens und dient zur Spezialisierung in einem bestimmten Gebiet. Das Masterstudium kann direkt nach dem Bachelor oder nach einigen Jahren Berufstätigkeit begonnen werden.
Der Master Gebäudesystemtechnik bietet den Schwerpunkt Gebäudeenergietechnik an. Neben den vertiefenden Grundlagenfächern Thermodynamik und Strömungslehre, Numerische Simulation und Technische Gebäudeausrüstung, werden spezifische Kenntnisse in Fächern wie Energetische Gebäudeanalyse, Effiziente und Regenerative Strom-, Wärme und Kälteversorgung und Licht- & Klimasysteme erworben. Abgerundet wird das Studium durch den Erwerb nichttechnischer Kompetenzen, z.B. in den Fächern Energiewirtschaft, wissenschaftliche Arbeitsmethoden oder Projektentwicklung. Den persönlichen Interessensgebieten der Studierenden wird durch die Wahlmöglichkeit einiger Fächer entsprochen. Das Studium wird im dritten Semester mit einer Masterarbeit und dem Grad Master of Engineering (M.Eng.) abgeschlossen.
Kurzvita
Prof. Dr.-Ing. Jan Mugele wurde zum 01.08.2009 als Professor im Institut Elektrotechnik berufen. Er vertritt das Lehrgebiet Regenerative Gebäudeenergietechnik. Nach dem Abschluss eines Universitätsstudiums der Gebäudetechnik 1998 promovierte er 2005. Er war bei einem mittelständischen Unternehmen der Wohnungswirtschaft als Energieeffizienzbeauftragter und war, nach einer Tätigkeit in einem Consultingunternehmen, über mehrere Jahre als Gutachter und Energieberater tätig. Seine Forschungsschwerpunkte sind Energiespeicher und Energiekonzepte.