INVESTMENTBANKING - Wovon andere nur träumen?
Ein Beitrag von Prof. Rolf J. Daxhammer - ESB Business School, Hochschule Reutlingen
Wenn Studierende sich vornehmen, eines Tages Investmentbanker/innen zu werden, rümpfen viele in ihrem Umfeld die Nase oder sie werden neidisch. Aber immer geistert das Bild schier ununterbrochen arbeitender Großverdiener durch die Phantasie. Wenige Berufsbilder rufen so gegensätzliche, aber auch eindeutige Gefühle hervor wie die Arbeit an den internationalen Finanzmärkten. Dabei sind die Tätigkeitsgebiete im Investmentbanking so vielfältig wie in kaum einem anderen Bereich der Betriebswirtschaftslehre.
Das Berufsfeld Investmentbanking
Investmentbanking ist von einer breiten Palette ganz unterschiedlicher Aufgabengebiete geprägt. Sie reichen von der Beratung institutioneller Investoren bei der Kapitalanlage bis zur Kapitalbeschaffung für Staaten oder Unternehmen. Sie reichen von Handel mit Wertpapieren bis zur Planung und Durchführung von Unternehmenskäufen. Und nicht zuletzt helfen Investmentbanker, finanzielle Risiken von Unternehmen zu steuern. So vielschichtig wie die Aufgaben sind auch die Anforderungen im Investmentbanking.
»So vielschichtig wie die Aufgaben sind auch die Anforderungen im Investmentbanking.«
Der sichere Umgang mit Finanzmathematik ist eine Selbstverständlichkeit; für die großen volkswirtschaftlichen Zusammenhänge sollte man genauso ein ausgeprägtes Interesse mitbringen wie für die kleinen Details der Rechnungslegung; und je näher man an den Verkauf von Wertpapieren oder an Fusionen und Übernahmen rückt, umso wichtiger wird auch der Umgang mit Menschen und deren Verhaltensweisen.
Die Klammer um all die Aufgabengebiete und Anforderungen sind die Internationalen Finanzmärkte (die Wertpapiermärkte, die Devisenmärkte und die Derivatemärkte). Diese Märkte sind geprägt von atemberaubendem Tempo der Informationsverarbeitung und von komplizierten Risikostrukturen. Wer sich im Investmentbanking wohlfühlen möchte, muss mit diesem Tempo und mit Risiken umgehen können. Sie prägen den Arbeitsrhythmus und das Feedback für erbrachte Leistungen. Oft geht es im Investmentbanking zu wie im Sport: Leistung muss punktgenau erbracht werden und der Erfolg zeigt sich unmittelbar. So ist es keine Überraschung, dass diese Anforderungen nicht immer in geregelten Arbeitszeiten, dafür aber auch bei weit überdurchschnittlichen Verdienstmöglichkeiten erbracht werden.
»Oft geht es im Investmentbanking zu wie im Sport: Leistung muss punktgenau erbracht werden und der Erfolg zeigt sich unmittelbar.«
Investmentbanking studieren
So wie es im Investmentbanking kein festes Aufgabenprofil gibt, bietet das Studium auch keinen vorgespurten Weg an die Finanzmärkte. Je nach Ausrichtung der Tätigkeit sind die folgenden Gebiete unterschiedlich wichtig. Aber wer sich im Investmentbanking »bewegen« möchte, tut gut daran, sich ein breites Wissensfundament anzulegen. Zudem können die Studierenden an den Inhalten der jeweiligen Fächer erkennen, ob sie mit Freude, Interesse und motiviert Fragestellungen bearbeiten wollen, die ihnen auch im Tagesgeschäft des Investmentbankings begegnen können.
»In jüngster Zeit nimmt man im Investmentbanking immer mehr zur Kenntnis, dass Menschen an Finanzmärkten nicht wie rein rationale Rechenmaschinen agieren.«
In jedem Bereich des Investmentbankings stehen die Internationalen Finanzmärkte im Mittelpunkt. Mit ihnen sollten sich zukünftige Investmentbanker/Innen auf jeden Fall vertraut machen. Dabei werden sie sich nicht nur mit volkswirtschaftlichen Zusammenhängen, sondern auch mit mathematisch, formalen Konzepten beschäftigen. Weitreichende Kenntnisse des Rechnungswesen, der Steuerlehre und des rechtlichen Rahmens der Finanzmärkte gehören zum selbstverständlichen Rüstzeug. In jüngster Zeit nimmt man im Investmentbanking immer mehr zur Kenntnis, dass Menschen an Finanzmärkten nicht wie rein rationale Rechenmaschinen agieren. Das neue Gebiet der Behavioral Finance z.B. trägt dem Rechnung. Und nicht erst die jüngsten Finanzkrisen erinnern daran, dass ohne tragfähiges, ethisches Fundament keine auf Vertrauen basierende Geschäftsbeziehung nachhaltig aufgebaut werden kann.
»Da das Finanzmarktumfeld denkbar international ist, werden Auslandserfahrungen fast selbstverständlich voraus gesetzt.«
Neben diesen fachlichen Grundlagen wird von Bewerber/Innen im Investmentbanking erwartet, dass sie möglichst bereits durch Praktika einschlägige Erfahrungen gesammelt haben. Da das Finanzmarktumfeld denkbar international ist, werden Auslandserfahrungen fast selbstverständlich voraus gesetzt.
»Praktische Erfahrung wird oft höher geschätzt als rein akademische Zusatzqualifikationen.«
Aufgrund dieser internationalen Ausrichtung der Tätigkeit ist es durchaus üblich, den Berufsweg direkt nach dem Bachelor-Abschluss einzuschlagen. Die meisten Arbeitgeber bieten umfangreiche und hochkarätige Inhouse-Schulungen an. Praktische Erfahrung wird oft höher geschätzt als rein akademische Zusatzqualifikationen. Ein Master-Abschluss steht, wenn überhaupt, häufig erst nach einigen Jahren Berufserfahrung mit einer klaren inhaltlichen Spezialisierung auf dem Programm. Zu guter Letzt soll noch ein Berufseinstieg angesprochen werden, der vor allem für England/USA typisch und in Deutschland ebenfalls auf dem Vormarsch ist. Dort steigen regelmäßig Absolventen renommierter MBAProgramme ins Investmentbanking ein, ohne dass das Bachelor-Studium und die anschließende Berufserfahrung im Bereich der Finanzmärkte erworben wurden. Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass analytische Fähigkeiten und flexible Belastbarkeit auch in vielen anderen Berufsfeldern (z.B. ingenieurswissenschaftlichen oder juristischen) gefördert werden. Die notwendigen betriebswirtschaftlichen Kenntnisse lassen sich in einem gut strukturierten MBA-Programm vermitteln.
Kurzvita
Prof. Dr. Rolf J. Daxhammer lehrt seit 1999 an der ESB Business School der Hochschule Reutlingen. Seine Themenschwerpunkte umfassen Internationale Finanzmärkte, Investmentbanking und Behavioral Finance. Seit 2000 leitet er ein Steinbeis Transferzentrum (Euro-Venture-Consulting), das sich u.a. Finanzierungsfragen von Klein- und Mittelunternehmen sowie Anwendungen der Behavioral Finance im Private Banking widmet. Zuvor war er bei der Schweizerischen Bankgesellschaft in Zürich und der UBS Ltd. in London und New York tätig. Hier sammelte er zum einen Erfahrung in den Bereichen Economic Research und Fixed Income Research. Zum anderen war er verantwortlich für die Beurteilung der Auswirkung der EURO-Einführung für die europäischen Finanzmärkte. An den Universitäten Hohenheim und der University of California, Los Angeles studierte Prof. Daxhammer Volkswirtschaftslehre. Es folgte ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der University of Texas at Austin und der Duke University. 1993 wurde Prof. Daxhammer mit einer Arbeit über den Einfluss von Interessengruppen auf wirtschaftspolitische Entscheidungen promoviert.