Projektmanagement
Ein Beitrag von Prof. Dr. Jürgen Abendschein, A|S|B Bildungsgruppe Heidelberg, Fachhochschule Heidelberg
Projektarbeit ist weltweit auf dem Vormarsch. Und das ist eigentlich nicht verwunderlich. Wenn man sich vor Augen führt, dass die wirtschaftliche Welt immer weiter zusammenrückt, sich international vernetzt, Kooperationen und Arbeitsteilung zunehmen - dann kann nur eine Arbeitsform wirklich greifen: die Projektarbeit.
In traditionell projektgestützten Branchen wie dem Anlagenbau, der Informationstechnologie oder der Energiewirtschaft hat sich diese Arbeitsform nicht nur bereits bewährt, sie hat Maßstäbe gesetzt, sich weiterentwickelt. Die Menschen haben an und aus ihr gelernt. Projektmanagement (PM) ist gereift - und wird heute als profitabler Ansatz zur Unternehmenssteuerung eingesetzt. Wer als Unternehmer in Projekten denkt und projektorientiert strukturiert ist, kann schneller auf neue Marktbedingungen, Kundenwünsche und neue Technologien reagieren, kurz: ist besser und erfolgreicher.
Schon bald werden Projektgeschäfte, das sagen zahlreiche Studien voraus, 50 Prozent der weltweiten Umsätze ausmachen. Nicht nur Konzerne und projektorientierte Unternehmen werden ihren PM-Standard weiter ausbauen; auch mittelständische Unternehmen arbeiten künftig immer häufiger in Projekten, so die Prognose des PM-Beratungshauses Tiba Managementberatung GmbH.
Schlüssel für den Erfolg der Projekte, auch darin sind sich die Experten einig, sind Projektmanager und -leiter mit exzellenter Kompetenz. Mitarbeiter, die gelernt haben, Projekte nicht mal eben nebenbei zu bewältigen, sondern sie professionell und systematisch zu steuern, voranzutreiben und zu analysieren. Und hier, das sei schonungslos gesagt, gehört einiges dazu: Fachwissen und Soft Skills, betriebswirtschaftliches Know-how und hohes Verantwortungsbewusstsein sowie eine gewisse »General-Management-Kompetenz« für erste Führungsstationen im PM und - nicht zuletzt - ein Zertifikat oder ein Abschluss, der das Wissen auf anerkannter und standardisierter Ebene verbrieft.
»Schlüssel für den Erfolg der Projekte sind Projektmanager und -leiter mit exzellenter Kompetenz.«
Wenn man einige Großprojekte, die aktuell und seit längerem in der Diskussion sind wie Stuttgart 21, Flughafen Berlin, Elbphilharmonie, näher betrachtet, dann wird deutlich, dass nicht bei allen Projekten die gleichen Hindernisse, Fragestellungen, Probleme auftauchen, sondern vielfältiger Natur sind bzw. sein können. Einerseits spielt das Thema Kommunikation (intern/ extern) eine Rolle, Zum anderen sind Kosten und die zeitliche Komponente nicht transparent dargestellt oder unterschätzt worden, um nur einige gewichtige Faktoren zu nennen. Daher ist es von großer Bedeutung bei der Auswahl eines Studienganges auf die nachstehenden Faktoren besonders zu achten. Aufbau und Inhalte eines Studienganges Projektmanagement sollten darauf abgestimmt sein, die Absolventen durch Vermittlung aktuell vorhandenen Wissens aus den Kerngebieten der Managementlehre und -praxis zu rüsten, um auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden Projekt-, Führungs- und Steuerungsaufgaben wahrnehmen zu können.
Neben der Vermittlung von Fachwissen zum General Management mit einem relativ hohen prozentualen Anteil sowie dem Projektmanagement, sollten der Aufbau von sozialer Kompetenz, interdisziplinärem Denken, Problemlösungskompetenz, kommunikativen Fähigkeiten (auch in fremdsprachlicher Sicht), interkultureller Kompetenz und Führungskompetenz erklärte Ziele eines Curriculums sein, die sich in den Inhalten und der Durchführung widerspiegeln.
Folgende Kompetenzfelder sollten dabei intendiert sein:
› Vermittlung der Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit und Methodik des Faches
› Vermittlung von theoretisch-analytischen Fähigkeiten
› ggf. Sicherstellung von geforderten (internationalen) Standards bei der Projektabwicklung, insbesondere bei komplexeren und internationalen Projekten ist in zunehmendem Masse dieser Nachweis für die Übernahme der Leitung von Projekten unabdingbar
Herausbildung intellektueller und sozialer Kompetenzen durch:
› Vermittlung von abstraktem, analytischem, über den Einzelfall hinausgehendem und vernetztem Denken
› Vermittlung der Fähigkeit, sich schnell methodisch und systematisch in Neues, Unbekanntes einzuarbeiten
› Förderung von Selbstständigkeit, Kreativität, Offenheit und Pluralität
› Förderung von Kommunikationsfähigkeit (Streit-, Diskussions-, Diskursorientiertheit, Kritikfähigkeit, Fähigkeit zur selbstständigen Urteilsbildung, dialektisches Denken)
»Das selbstgesteuerte Lernen sollte eine massgebliche Rolle spielen.«
Das didaktische Konzept eines Curriculums sollte den Einsatz einer angemessenen Methodenvielfalt beinhalten. Dabei ist der Verwendung einer ausreichenden Anzahl verschiedener Methoden (Pluralität) zur Vollziehung der Bildungsprozesse eine besondere Bedeutung beizumessen. Neben der interaktiven Gestaltung der Präsenzveranstaltungen (Unterricht, Kleingruppenarbeit, Studierendenpräsentationen, Simulationen/Rollenspiele) und der Bearbeitung von Fallstudien, sollten insbesondere Ansätze des selbstgesteuerten Lernens - u.a. durch die Vergabe von Rechercheaufgaben und wissenschaftlichen Hausarbeiten eine maßgebliche Rolle spielen. Soweit möglich sollte auch ein tutorielles Angebot den Studierenden zur Verfügung stehen, was allerdings bei berufsbegleitenden Formaten an Grenzen stößt bzw. kaum möglich ist.
Mit Blick auf die geschilderten Anforderungen im Projektmanagement sollten im Rahmen der Vorlesungen in angemessenem, d.h. mit Blick auf die Gesamtanforderung bewältigbarem Umfang Case Studies eingesetzt werden, die hinsichtlich ihrer Schwerpunkte eine hohe Praxisrelevanz für die Studierenden haben, aber immer auch eine wissenschaftliche Reflexion (Prinzip der Wissenschaftsorientierung) beinhalten. Dies sollte gleichermaßen für eine Master Thesis gelten, die darüber hinaus auch eigene Forschungsaktivitäten berücksichtigen wird. Die zunehmende stärkere Globalisierung und die ständigen grenzüberschreitenden Übernahmen und Fusionen führen zu einer stärkeren international ausgerichteten Unternehmensstruktur, die vielfach in Projekten zum Aufeinandertreffen unterschiedlichen Kulturen führt, deren Bedeutung nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Fällt dies aus oder ist es nicht ausgeprägt, führt dies oft zum Scheitern derartige Projekte. Ein Studiengang sollte daher die Wissensvermittlung und Kompetenzentwicklung für die Bewältigung der vorstehend beschriebenen Aufgabenstellung beinhalten und auch die internationale Sichtweise der verschiedenen Managementaspekte gewährleisten.
Für den Bereich des Projektmanagements gibt es im deutschsprachigen Raum nur einige Master-Programmangebote, die unter vorstehenden Aspekten geprüft werden sollten. Dabei ist auch die Aufnahme eines Studiums in Vollzeit oder berufsbegleitender Form für den Einzelnen zu unterscheiden. Ein Vollzeitstudium ist für viele Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der persönlichen Vita (Alter, Einkommen, familiärer Status) nicht (mehr) möglich. Bei einem berufsbegleitenden Format besteht die Möglichkeit, ggfs. alle Faktoren Idealerweise unter »einen Hut« zu bringen. Dabei liegen die Vorteile darin, dass die berufliche Tätigkeit bei gleichzeitigem Studium beibehalten werden kann mit einem gesicherten Arbeitsplatz und Einkommen und der Erhöhung der eigenen Employability, die sowohl für das eigene Unternehmen als auch bei einem Arbeitgeberwechsel von großer Bedeutung sein kann.
»Die zunehmende stärkere Globalisierung und die ständigen grenzüberschreitenden Übernahmen und Fusionen führen zu einer stärkeren international ausgerichteten Unternehmensstruktur.«
In der Regel ist bei einem berufsbegleitenden Format ein sofortiger/schneller Transfer des im Studium erworbenen Wissens in das Unternehmen und die Lösung von unternehmensspezifischen Themen möglich.
Allerdings darf die Belastung einer solchen Kombination aus Beruf und Studium nicht unterschätzt werden, sodass es sich empfiehlt zu prüfen, ob die Studierbarkeit gegeben ist, das heißt, ob der zu erwartende zeitliche Aufwand aus dem Studium mit beruflichen Aufgaben und der privaten Situation sinnvoll verbunden werden kann. Hierzu dienen Beratungsgespräche mit der anbietenden Hochschule ebenso wie auch Informationsgespräche mit Alumni, die ein derartiges Studium bereits absolviert haben. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass das Studium bei den sich schnell verändernden Gegebenheiten im beruflichen und privaten Umfeld zeitlich überschaubar sein muss. Das heißt es sollte in der Regel nicht länger als 2 Jahre - im berufsbegleitenden Format - dauern. Die Alternative eines Fernstudiums ist immer schwierig zu bewerten, aber sicher auch in dem Kontext der sonstigen Belastungen zu sehen, was als eine der häufigsten Ursachen für den relativ hohen Abbruch angesehen werden kann.
Bei der Frage nach der Form des zu absolvierenden Studiums sollte auch die Erwartung der Unternehmen/potentiellen Arbeitgeber eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. In vielen Gesprächen mit Unternehmensvertretern wird deutlich ausgeführt, dass diese in der Regel nach einem 1. akademischen Abschluss eine gewisse Zeit der Berufserfahrung erwarten ehe dann ein Masterprogramm angeschlossen wird. Das spricht in einem ausgeprägten Maß für den Weg Erststudium, Berufspraxis, Master, aber auch für ein Verbleib im Unternehmen nach dem Erststudium und die wissenschaftliche Weiterqualifizierung dann durch ein berufsbegleitendes Format. Davon ausgehend, dass die grundsätzliche Zielsetzung eines Masterstudiums die Weiterqualifizierung von Interessenten im Thema Projektmanagement ist, soll durch ein Studienprogramm einschlägiges Management Know-How in systematischer und gleichermaßen praxisorientierter Form vermittelt werden, das die Absolventen in die Lage versetzt, verantwortungsvolle Projektmanagement- und Managementaufgaben wahrzunehmen. Dies gilt für Interessenten mit einem ersten Studienabschluss ebenso, wie für Fach- und Führungskräften, die zwar bereits im Berufsleben stehen, aber über kein Erststudium verfügen. Die Vermittlung von Projektmanagement- und HR-Know-how, das für die Studierenden eine Erweiterung bzw. Vertiefung ihrer Projektmanagement und Personalmanagement- Kompetenz darstellt, kann zusammen mit dem Kompetenzzuwachs im Projektmanagementbereich als eine geeignete Basis für aufstiegsbezogene Entwicklungswege im Unternehmen der Studierenden beim berufsbegleitenden Format bzw. bei anderen Unternehmen bei Arbeitgeberwechsel oder beruflichem Ersteinstieg angesehen werden.
»UM eine spätere Promotionsmöglichkeit zu gewährleisten, sollten am Ende eines erfolgreich absolvierten Masterstudiums insgesamt 300 ECTS stehen.«
Entscheidend für die Qualität und den Erfolg eines Studienganges ist einerseits die Kompetenz der Dozenten. Hierbei sollte auf eine gute Mischung aus Wissenschaft und Praxis geachtet werden. Andererseits ist in einigen - nicht allen - Bundesländern als zusätzliches Qualitätskriterium eine Akkreditierung vorgeschrieben, ohne die eine Genehmigung des Studienganges durch das zuständige Bildungs-/Wissenschaftsministerium nicht erfolgt. Um eine spätere Promotionsmöglichkeit zu gewährleisten, sollten - nach derzeitigem Stand - am Ende eines erfolgreich absolvierten Masterstudiums (MBA/ Master of arts/science) nach dem europäischen Bachelor-/Mastersystem insgesamt 300 ECTS (European Credit Transfer and Accumulation System) stehen. Sie sind auch die formalen Voraussetzungen für den höheren Dienst bei öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern/Einrichtungen. Hilfreich für eine Entscheidung für ein bestimmtes Format können auch die zum Teil sehr unterschiedlichen Zugangsvoraussetzungen der einzelnen Bundesländer sein, aber auch evtl. die zusätzlich angebotenen Zertifikate/Abschlüsse. Bei der Bewertung von Angeboten außerhalb Deutschlands empfiehlt sich in jedem Falle vorab zu klären/prüfen, ob der von der ausländischen Institution verliehene Titel in Deutschland rechtmäßig geführt werden darf.
Kurzvita
Prof. Dr. Jürgen Abendschein
› 2000 Promotion zum Doktor der Philosophie (Dr. phil.)
› 2009 Graduierung zum Master of Science (MSc)
› 2011 Graduierung zum Master of Business Administration (MBA)
› Seit 2007 Honorarprofessor an der Wissenschaftlichen Hochschule Lahr (WHL), Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik und Bildungsmanagement
› Seit 2009 Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der ASB Bildungsgruppe Heidelberg e.V., eine seit 1948 agierende Bildungsgruppe in Trägerschaft der Deutschen Wirtschaft, in der alle Formen beruflicher Weiterbildung (Seminare, Kongresse, Lehrgänge), wissenschaftlicher Weiterbildung (Master-Studiengänge sowie Hochschul- Zertifikatskurse in Kooperation mit staatlichen Hochschulen) und Beratung angeboten werden (www.asb-hd.de). ›› Seit 2014 Wissenschaftlicher Direktor des An-Instituts für angewandte Qualitätswissenschaft an der Hochschule Ludwigshafen i.G.. Arbeitsschwerpunkte: Process Management, Quality Management & Service Excellence.