Exzellente Berufschancen in der Pharmaindustrie
Ein Beitrag von Prof. Dr. habil. Bertram Wolf, Professur für Pharmazeutische Technologie und Qualitätssicherung, Arbeitsgruppe Pharmatechnik am Fachbereich Angewandte Biowissenschaften und Prozesstechnik der Hochschule Anhalt, Köthen und Bernburg
Zunehmendes Lebensalter auch bei guter Gesundheit zu erleben - die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und die Forschung nach neuen Arzneimitteln sind und bleiben dringende Aufgaben der Pharmaindustrie, woraus sich auch in Zukunft ein hoher Bedarf an gut ausgebildetem ingenieurtechnischen Fachpersonal ergibt.
Pharmatechnik pro oder kontra Pharmazie?
Aufgrund des Fehlens von ingenieurtechnisch ausgebildeten Hochschulabsolventen in der Pharmaindustrie werden an deutschen Fachhochschulen Studiengänge auf dem Gebiet der Pharmatechnik angeboten, wobei sich das Alleinstellungsmerkmal über die
Kombination aus pharmazeutischen und technischen Fächern definiert. Neben Apothekern, die in erster Linie auf eine Tätigkeit in der öffentlichen oder Klinikapotheke vorbereitet werden, und Chemikern wird in der Pharmaindustrie zunehmend nach dem Bachelor bzw. Master für Pharmatechnik gefragt, weil diese Absolventen bereits aus dem Studium Kenntnisse in Verfahrenstechnik, Verpackungstechnik, Mess- und Regeltechnik, Elektrotechnik, Guter Herstellungspraxis und Qualitätsmanagement sowie Erfahrungen aus den Berufspraktika mitbringen.
»Mit einer zunehmend älteren Bevölkerung steigt der Bedarf an diversen Arzneimitteln.«
Praxisnahes Studium
Parallel zu den Vorlesungen und Übungen werden sowohl im Bachelor- als auch im Masterstudium Pharmatechnik umfangreiche Laborpraktika in den verschiedenen Modulen angeboten, in denen das theoretische Wissen praktisch angewendet und vertieft wird. Merkmal ist das überwiegend selbständige Arbeiten der Studierenden in kleinen Gruppen. Bereits im Bachelorstudium werden die Studierenden mit einer obligatorischen Projektarbeit betraut, wobei sie in die aktuellen Forschungsthemen an der Hochschule eingebunden werden, oder sie führen das Projekt in der Industrie oder an einem Institut durch. Im 7. Semester des Bachelorstudiums bereitet ein 12-wöchiges Berufspraktikum auf die Tätigkeit in der Praxis vor. Eine Besonderheit gegenüber den Studien der Pharmazie oder Chemie an Universitäten besteht darin, dass der überwiegende Teil der Studierenden die Graduierungsarbeiten zum Bachelor bzw. Master in der Industrie, in Instituten oder öffentlichen Einrichtungen durchführt und dabei Einblicke in die täglichen Aufgaben und die Arbeitsabläufe im Berufsleben bekommen können. Die Projekte für die Bachelorarbeit und die Masterarbeit können auch im Ausland bearbeitet werden.
Bachelorstudium Pharmatechnik und Schwerpunkte
Zum Erreichen des akademischen Grades eines Bachelor wird an der Hochschule Anhalt ein siebensemestriges modular aufgebautes Studium angeboten.
»Weltweit ist die Nachfrage nach Arzneimitteln aus Deutschland und Europa gestiegen.«
Die Vermittlung der Lehrinhalte erfolgt über Vorlesungen, Übungen, Seminare, Laborpraktika, Belegarbeiten und Projektarbeiten, die mit schriftlichem Bericht und mündlichem Vortrag abgeschlossen werden. Damit werden solche Fertigkeiten wie selbständiges Arbeiten, Planen von Versuchen, wissenschaftliche Auswertung und Diskussion der Ergebnisse und nicht zuletzt Teamarbeit gefördert. In den ersten Semestern werden grundlegende naturwissenschaftliche Fächer wie Chemie und Biochemie, Physik, Mathematik, Informatik, Mikrobiologie sowie technische Fächer wie Verfahrenstechnik, Elektrotechnik, Mess- und Regeltechnik und Gentechnik vermittelt. In den höheren Semestern folgen die für die Pharmatechnik relevanten Fächer Pharmazeutische Technologie, Pharmakologie und Toxikologie, pharmazeutische Analytik und pharmazeutische Chemie, Pharmabiotechnologie, Arzneimittelrecht und Gute Herstellungspraxis (GMP) sowie Verpackungstechnik für Arzneimittel. In der zweiten Hälfte des 7. Semesters wird die Bachelorarbeit angefertigt.
Schwerpunkte im Studium Master Pharmatechnik
Beim Masterstudium Pharmatechnik handelt es sich um ein dreisemestriges modular aufgebautes Studium. Voraussetzung für die Aufnahme des Masterstudiums ist ein Bachelorstudium der Pharmatechnik oder einer eng verwandten Studienrichtung, wobei die Kenntnis der pharmazeutischen und der technischen Fächer unabdingbar ist. In den ersten beiden Semestern werden die drei Schwerpunkte Pharmazeutische Technologie, Qualitätssicherung und Analytik vertieft und dafür die Fächer Moderne Arzneiformen und Biopharmazeutika, Instrumentelle pharmazeutische Analytik und Bioanalytik, Qualitätsmanagement und Zulassung, Spezielle Biochemie von Pflanzen und Mikroorganismen, Dermatokosmetik, Biopharmazie und Pharmakokinetik und Gestaltung von Bioreaktoren für die Pharmaindustrie angeboten. Obligatorische Projektarbeiten werden wahlweise an der Hochschule oder in der Industrie durchgeführt. Das dritte Semester ist für die Masterarbeit vorgesehen, bei der vorzugsweise in der Industrie aktuelle Themen aus den täglichen Aufgaben der Unternehmen bearbeitet werden.
Ausgezeichnete Berufs- und Karrieremöglichkeiten
Seit einigen Jahrzehnten beträgt die Mitarbeiterzahl in der Pharmaindustrie deutschlandweit etwa 113.000. Mit einer zunehmend älteren Bevölkerung steigt der Bedarf an diversen Arzneimitteln, so dass ein Rückgang der Produktion in Zukunft nicht zu erwarten ist. Weltweit ist die Nachfrage nach den qualitativ hochwertigen Arzneimitteln aus Deutschland und Europa gestiegen. Die Vermittlungsquote der Absolventen der Studienrichtung Pharmatechnik beträgt nach eigenen Untersuchungen über die vergangenen 16 Jahre mehr als 95%, wobei in vielen Fällen die Unternehmen, in denen die Studierenden die Graduierungsarbeit durchführen, die Absolventen direkt im Anschluss übernehmen. Der Abschluss Bachelor Pharmatechnik ist zwar schon eine sehr gute Voraussetzung für den Berufseinstieg, es zeichnet sich aber ab, dass die Pharmaindustrie zunehmend hochqualifiziertes akademisches Personal sucht, weshalb der höhere Abschluss des Masters auch unter Berücksichtigung der wesentlich günstigeren Karrieremöglichkeiten dringend zu empfehlen ist.
Schwerpunkte der beruflichen Tätigkeit
Die Berufstätigkeit für die Absolventen der Studienrichtungen Bachelor und Master Pharmatechnik beginnt oft mit einem Trainee-Programm, bei dem die Berufseinsteiger mit den verschiedenen Abteilungen des Unternehmens wie Warenannahme, Produktion und Verpackung, Kontrolle, Qualitätssicherung, galenische Entwicklung und Technik vertraut gemacht werden. Hier ergeben sich auch die wesentlichen Einsatzgebiete: Herstellung und Qualitätssicherung von Arzneimitteln und Kosmetika, Prozessvalidierung und Qualifizierung, Planung und Projektmanagement, Arzneimittelforschung und galenische Entwicklung, Laborleitung und mikrobiologische Kontrolle, Anlagenplanung, Marketing und Vertrieb. Bereits im 2. Arbeitsjahr werden einem großen Teil der Pharmatechniker Leitungsfunktionen übertragen. Der überwiegende Anteil der Stellenprofile ist durch eine enge Verbindung von praktischen Tätigkeiten vor Ort an den Anlagen und Maschinen in der Produktion und Verpackung bzw. an den Prüf- und Analysengeräten und theoretischen, planerischen und administrativen Aufgaben gekennzeichnet und damit abwechslungsreich und innovativ.
Kurzvita
Prof. Dr. habil. Bertram Wolf, Professur für Pharmazeutische Technologie und Qualitätssicherung, Arbeitsgruppe Pharmatechnik am Fachbereich Angewandte Biowissenschaften und Prozesstechnik der Hochschule Anhalt, Köthen und Bernburg Prof. Dr. habil. Bertram Wolf (Jahrgang 1954) war von 1998 bis 2005 Professor für Pharmazeutische Technologie und Qualitätssicherung an der Hochschule Magdeburg-Stendal (Fachbereich Analytische Chemie und Pharmatechnik), seit 2006 lehrt er dieses Gebiet an der Hochschule Anhalt. Nach einem Studium der Chemie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena promovierte er am Fachbereich Chemie, Arbeitsgruppe Kinetik an der Universität Leipzig, habilitierte ebenda an der Fakultät für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie 1998 über ein pharmazeutisch-technologisches Thema und erhielt die facultas docendi in Pharmazeutischer Technologie. Seine Forschungsschwerpunkte sind feste Arzneiformen und Wirbelschichttechnologie (Granulierung, Coating, Pelletierung und Trocknung). Er ist Studienfachberater für den Studiengang Master Pharmatechnik.