Im Expertenteam zur integralen Lösung
Ein Beitrag von Prof. Dr. Klaus Meier, Fakultät Textil & Design, Hochschule Reutlingen
Neuer Masterstudiengang »Interdisziplinäre Materialwissenschaften« an der Hochschule Reutlingen
Die Spezialisierung in allen wissenschaftlichen Gebieten nimmt aufgrund des rasanten Wissenszuwachses zu. Für eine Umsetzung der Kenntnisse ist es jedoch von Bedeutung, dieses Spezialwissen aus unterschiedlichsten Disziplinen wieder zusammenzuführen. Um hier optimale Ergebnisse zu erzielen, müssen die Spezialisten einzelner Disziplinen in der Lage sein, sich anderen Spezialisten aus anderen Disziplinen zu öffnen, um das Gesamtergebnis eines Projektes durch angepasste Schnittstellendefinitionen zu optimieren.
Hierzu ist es notwendig zu lernen, wie man innerhalb eines Teams aus Fachleuten unterschiedlicher Disziplinen gemeinsam eine Problemstellung erfasst und so auf die Teildisziplinen aufteilt, dass jeder Experte den notwendigen Freiraum für seinen Beitrag zum Gesamtergebnis optimal nutzen kann. Um dies bereits im Studium systematisch zu erlernen hat die Fakultät Textil & Design an der Hochschule Reutlingen einen neuen Masterstudiengang »Interdisziplinäre Materialwissenschaften« eingeführt.
Zielsetzungen des Studiengangs
Absolventen dieses Studienganges sollen zum einen die wissenschaftliche Arbeitsweise beherrschen und zum anderen in der Lage sein, mit Fachleuten aus anderen Fachbereichen gemeinsam Projektziele zu formulieren sowie diese umzusetzen. Neben einer ausgeprägten Arbeitssystematik ist es hierbei besonders wichtig, bereits im frühen Stadium der Zusammenarbeit eine gemeinsame Verständnis- und Kommunikationsbasis zu schaffen.
Interdisziplinäre Arbeitsweise bedeutet zum einen die kompetente Vertretung des eigenen Fachgebiets innerhalb eines Projektteams und zum anderen die Verknüpfung dieses Wissens mit den Fachgebieten der anderen Fachleute im Sinne der Projektlösung. Darum ist der Studiengang sehr stark darauf ausgerichtet, das Verständnis für die jeweils anderen Fachgebiete zu entwickeln. Für diesen Studiengang werden Absolventen aus folgenden Fachgebieten zusammengeführt:
› Textiltechnologie
› Design, mit materialtechnologischen Vorkenntnissen
› Ingenieurwissenschaften (Maschinenbau, Mechatronik, Elektrotechnik)
› Chemie und Verfahrenstechnik
› Informatik
Die Absolventen werden im Laufe dieses Studiengangs nicht zu Fachleuten der jeweils anderen Disziplinen ausgebildet, sondern sie sollen sich Arbeitsweisen aneignen, mit denen sie auch im späteren Beruf in der Lage sind, sich mit Fachleuten aus fremden Disziplinen lösungsorientiert auszutauschen.
Inhalte des Studiengangs
Der Studiengang setzt sich aus drei Semestern zusammen. Dabei haben die Semester folgende Zielsetzungen:
1. Semester: Schaffung gemeinsamer Grundlagen
2. Semester: Einführung in wissenschaftliche, interdisziplinäre Arbeitsweise
3. Semester: Nachweis der Fähigkeit zur wissenschaftlichen Arbeit
Im ersten Semester besuchen die Studierenden fachfremde Vorlesungen. Hierdurch erhalten sie einen Einblick in die Möglichkeiten der anderen Disziplinen. Sie entwickeln dabei ein Verständnis dafür, wie in diesen anderen Fachbereichen gedacht und gearbeitet wird. Hierbei wird dieser Studiengang von den Fakultäten Angewandte Chemie, Technik und Informatik unterstützt, bei denen die Studierenden Vorlesungen belegen.
Kern des zweiten Semesters ist das interdisziplinäre Entwicklungsprojekt. Hierzu werden Projektgruppen gebildet, die sich aus Absolventen verschiedener Fachrichtungen zusammensetzen. Diese Gruppen haben jeweils die Aufgabe, ein Funktionsmuster zu aktuellen Themen zu erstellen. Anhand dieses Projektes praktizieren diese Gruppen die interdisziplinäre Entwicklung von der Konzeptphase bis hin zur ersten physischen Umsetzung eines Produktes. Die Aufgabenstellung kann dabei aus aktuellen Forschungsvorhaben abgeleitet oder in Zusammenarbeit mit Industriepartnern formuliert werden. Interessierte Firmen können sich hierzu mit der Fakultät in Verbindung setzen. Als Beispiel ist ein Sensor zur Echtzeiterfassung des Kniewinkels, der gemeinsam mit der TU München erstellt wurde (s. Abb.).
Enge Verknüpfung mit der aktuellen Forschung
Dieser Studiengang ist eng verknüpft mit dem im März 2015 gegründeten Lehr- und Forschungszentrum für Interaktive Materialien (LFZ IMAT). Besonders hervorzuheben bei dieser Einrichtung ist die Zusammenarbeit zwischen der Hochschule Reutlingen sowie dem Institut für Textil- und Verfahrenstechnik (ITV), Denkendorf, einem der renommiertesten Institute auf dem Gebiet der textilen Forschung. Gemeinsam mit Designern, Verfahrenstechnikern und Werkstoffspezialisten entstehen neue und bessere Produkte und Verfahren auf der Basis von klassischem Textil-Know-how. Die aktuellen Schwerpunktthemen sind:
› Garne und Vliesstoffe
› Fasereinblastechnik (FIM)
› Faserverbunde/Formteile
› Elektroaktive Garne
› Material- und Industriedesign
› Oberflächenfunktionalisierung
Zugangsvoraussetzungen
Das Besondere dieses Studiengangs liegt bereits in dem Auswahlverfahren, das Bachelorabsolventen aus fünf verschiedenen Fachgebieten zulässt. Für die Zulassung zu diesem Studiengang benötigt man einen qualifizierten Abschluss in einer der folgenden Fachrichtung:
› Textil-/Bekleidungstechnologie
› Industrie-/Produktdesign
› Maschinenbau, Mechatronik, Elektrotechnik
› Chemie, Chemieingenieurwesen, Verfahrenstechnik
› Informatik
Dieses Auswahlverfahren ermöglicht die Bildung von interdisziplinären Projektteams, die gemeinsam anhand eines Projektes die fachübergreifende Problemlösung erarbeiten. Es wird angestrebt, die Studienplätze paritätisch zu verteilen, um die Zielsetzung eines interdisziplinären Studiums am besten zu erfüllen.
Neben einer überdurchschnittlichen Abschlussnote ist von den Bewerbern eine hohe Aufgeschlossenheit, neue Bereiche zu erarbeiten sowie die Fähigkeit und der Wille zum autodidaktischen Studium gefordert.
Interessenten für dieses Studium wenden sich bitte an:
Hochschule Reutlingen
Fakultät Textil & Design
Alteburgstraße 150
72762 Reutlingen
Fakultätssekretariat
Telefon 07121 271-8001 /-8035
Fax 07121 271-90-8001
td@reutlingen-university.de
www.td.reutlingen-university.de
Kurzvita
Prof. Dr. Klaus Meier ist Studiendekan für den Bachelor-Studiengang »Textiltechnik - Textiltechnologie« sowie den Master-Studiengang »Textil und Bekleidung«. Er wurde zum 01. September 2013 an die Fakultät Textil & Design der Hochschule Reutlingen auf das neu geschaffene Lehrgebiet »Advanced Textile Materials« berufen. Nach seinem Studium in Maschinenbau an der RWTH Aachen trat er eine Stelle als Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Textiltechnik der RWTH Aachen an, wo er auf dem Gebiet der Falschdrahttexturierung promovierte. Für seine Doktorarbeit erhielt er 1993 den Internationalen Chemiefaserpreis der CIRFS. In der Industrie durchlief er verschiedene Positionen bei namhaften Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus, der Chemiefaserindustrie sowie der Bekleidungstechnik, bei denen er neben Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten auch Funktionen in Bereichen des Marketings wahrnahm. Zuletzt war er Forschungsleiter der KUNERT Fashion GmbH & Co. KG in Immenstadt.