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Wirtschaftsinformatik

Ein Beitrag von Prof. Dr. Dietmar Bönke, Hochschule Reutlingen

Die Wirtschaftsinformatik beschäftigt sich mit der Entwicklung und dem Einsatz von Systemen der Informationsund Kommunikationstechnik, die die funktionalen Aufgaben einer Organisation unterstützen.

Ziel der Wirtschaftsinformatik ist dabei, einen Beitrag zur Erreichung der Ziele der jeweiligen Organisation zu leisten. Bei For-Profit-Organisationen ist dies typischerweise die Maximierung des Gewinnes, bei Non-Profit-Organisationen die Erreichung gemeinnütziger Ziele. Heutzutage leistet die Wirtschaftsinformatik ihren Beitrag hierzu insbesondere durch Methoden und Verfahren, die es erlauben, Funktionen und Prozesse in der Organisation kostengünstig und an den Anforderungen orientiert zu gestalten. Typische Aufgaben der Wirtschaftsinformatik sind dabei die Gestaltung von Geschäftsprozessen sowie die Auswahl oder Entwicklung von Lösungen der Informationsund Kommunikationstechnik (IKT), die optimal auf die jeweiligen funktionalen Anforderungen zugeschnitten sind.

Stand bei den Aufgaben der Wirtschaftsinformatik bis vor einigen Jahren das Programmieren von Systemen im Vordergrund, finden sich typische Aufgabengebiete heute eher bei der Analyse und Optimierung von Geschäftsprozessen. In den nächsten Jahren werden als weitere Aufgabengebiete die Einbindung von IKT-Lösungen in das gesellschaftliche Umfeld hinzukommen.

»Daher wird im Studium besonderer Wert auf Kompetenzen in den Bereichen methoden, Technologien und Kommunikation gelegt.«

Wirtschaftsinformatiker müssen entsprechend diesen Zielen und Aufgaben in der Lage sein, die funktionalen Anforderungen zu verstehen und so in IKT-Lösungen umzusetzen, dass die Ziele des Unternehmens bzw. der Organisation optimal unterstützt werden. Neben Kenntnissen in der Betriebswirtschaftslehre und in der Informatik benötigt der Wirtschaftsinformatiker insbesondere Fähigkeiten, die es ihm erlauben, Brücken zwischen den beiden Disziplinen schlagen zu können. Daher wird im Studium besonderer Wert auf Kompetenzen in den Bereichen Methoden, Technologien und Kommunikation gelegt.

»Wirtschaftsinformatiker verstehen und gestalten den Zusammenhang zwischen Hardware, Software, Geschäftsprozessen und betriebswirtschaftlichen Funktionen.«

Die Anforderungen an Wirtschaftsinformatiker sind geprägt durch die Kurzlebigkeit des Fachwissens. Neben dem Erwerb eines aktuellen Fachwissens sind daher die Fähigkeit, sich gezielt in neue Sachverhalte einarbeiten zu können und die Bereitschaft, Neues aufnehmen zu wollen, wichtige Bestandteile der Wirtschaftsinformatik-Ausbildung. Damit verbindet sich auch, dass die Wirtschaftsinformatik-Ausbildung üblicherweise branchenunabhängig und Hierarchieebenen übergreifend ausgerichtet ist.

Wirtschaftsinformatiker verstehen und gestalten den Zusammenhang zwischen Hardware, Software, Geschäftsprozessen und betriebswirtschaftlichen Funktionen. Eine ihrer Kernaufgaben ist daher, die Wechselwirkungen zwischen diesen Elementen zu betrachten und zu beurteilen.

Persönliche Voraussetzungen, die man als Wirtschaftsinformatiker mitbringen sollte, sind vornehmlich das Interesse am logischen Denken und am systematischen Arbeiten. Dies muss nicht heißen, dass man besonderes Interesse an Technik oder Mathematik hat, aber dies hilft beim Erwerb der WI-Qualifikationen. Wirtschaftsinformatiker arbeiten häufig in Projekten. Zunehmend wird daher von ihnen gefordert, ihre Lösungen den IKT-Anwendern vermitteln zu können.

Für die Ausbildung zum Wirtschaftsinformatiker haben sich in den letzten Jahren unterschiedliche Ausbildungswege etabliert. So bieten Fachschulen, Berufsfachschulen und Berufskollege eine entsprechende Ausbildung auf schulischer Ebene an. Die wichtigsten Studienmöglichkeiten für Wirtschaftsinformatik bieten Duale Hochschulen, Fachhochschulen und Universitäten. Die Dualen Hochschulen stellen die Entwicklung und Anwendung von IKT-Systemen im unmittelbaren unternehmerischen Umfeld in den Vordergrund.

Fachhochschulen konzentrieren sich auf die Entwicklung und Anwendung von IKT-Systemen mit dem Ziel, praktikable Lösung zu finden und zu realisieren. Ein Schwerpunkt ist die Fähigkeit, wissenschaftliches Wissen, wie es an Universitäten generiert wird, umzusetzen in Handlungswissen, z.B. bei der realen Systementwicklung und in der Projektarbeit.

Universitäten bilden inhaltliche Schwerpunkte bei den theoretischen Hintergründen und grundlegenden Überlegungen für zukünftige IKT-Systeme.

Wirtschaftsinformatik - Hochschule Reutlingen In der Bachelor-Ausbildung für Wirtschaftsinformatiker werden in den ersten Semestern zumeist die Grundlagen in einzelnen Fachgebieten (z.B. Wirtschaftswissenschaften, Programmieren, Produktion, Marketing, Datenbanken, Netzwerke) gelegt. In der Mitte des Studiums lernt man komplexe Systeme (z.B. SAP) kennen, um den Zusammenhang sowie die Wechselwirkungen zwischen Wertschöpfungsketten, betriebswirtschaftlichen Funktionen und IKT-Systemen besser zu verstehen. Gegen Ende des Bachelor-Studiums stehen die Fähigkeiten, integrierte Systeme selbst entwickeln zu können oder deren Entwicklung zu steuern, im Vordergrund. So finden sich hier Themen wie verteilte Systeme und Projektmanagement.

Wirtschaftsinformatiker mit Bachelor-Abschluss werden zumeist für klar strukturierte Aufgaben eingesetzt, bei denen die Anforderungen und Lösungswege vorab definiert sind.

Im Masterstudium der Wirtschaftsinformatik werden die Kenntnisse aus dem Bachelorstudium vertieft und erweitert. Es werden umfassende Systemlösungen betrachtet, z.B. Supply Chain Management (SCM) oder Customer Relationship Management (CRM). Die Einbettung der IKT-Systeme in ein Unternehmen oder eine Organisation wird unter Aspekten betrachtet, die über das klassische Verständnis hinausgehen. So gehören beispielsweise zum Wissensmanagement auch Kriterien der Psychologie und der Sozialwissenschaften. Eine besondere Bedeutung kommt im Master- Studium Themen zu, bei denen die IKT in den nächsten Jahren von grundlegender Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen sein wird. Zu solchen innovativen Themen gehören die strategische Wirkung von Informationssystemen, die Beherrschbarkeit der Komplexität in Informations- und Kommunikationssystemen sowie die Folgenabschätzung neuer Technologien.

»Eine wichtige Qualifikation ist die Fähigkeit, sich im Grenzgebiet zwischen zwei unterschiedlichen Disziplinen bewegen und fachliche Brücken bauen zu können.«

Solche Veränderungen im Profil von Wirtschaftsinformatikern führen auch dazu, dass vermehrt Wirtschaftsinformatik-Masterstudiengänge entstehen, die den sich ändernden Anforderungen besondere Rechnung tragen. So trägt die Ausrichtung auf »Services Computing« der zunehmenden Bedeutung der Dienstleistungswirtschaft Rechnung. »Services« werden hier nicht nur als Dienste leistende IKT-Systeme verstanden. Wichtig ist auch, die Besonderheiten von Dienstleistungen, z.B. die starke Individualität der Leistung, der Kunde als Ko-Produzent und die fehlende Lagerfähigkeit von Dienstleistungsprodukten, zu verstehen und diese bei der Entwicklung zukünftiger IKT-Systeme einzubeziehen.

Wirtschaftsinformatiker mit Master-Abschluss haben die Kompetenz erworben, auch in schlecht strukturierten Situationen Szenarien für mögliche Lösungswege und Lösungen aufzuzeigen, zu bewerten und daraus Entscheidungen abzuleiten. Sie sind daher auch in Bereichen einsetzbar, bei denen die Anforderungen und Lösungswege vorab nicht vollständig definiert werden können. Eine wichtige Qualifikation, deren Bedeutung von Bachelorstudierenden der Wirtschaftsinformatik häufig unterschätzt wird, ist die Fähigkeit, sich im Grenzgebiet zwischen zwei unterschiedlichen Disziplinen bewegen und fachliche Brücken bauen zu können.

Wenn man sich als Wirtschaftsinformatiker nach dem Bachelor-Abschluss für ein Master- Studium in einer anderen Disziplin entscheidet, sollte man seine Wahl so treffen, dass die interdisziplinäre Qualifikation als Merkmal der eigenen Fähigkeiten weiter ausgeprägt wird. In diesem Sinne geeignete Masterstudiengänge lassen sich z.B. in der Psychologie, dem Wirtschaftsingenieurwesen oder in der internationalen Betriebswirtschaftslehre finden. Bei den beruflichen Tätigkeiten von Wirtschaftsinformatikern können drei große Bereiche unterschieden werden.

Anwender sind Unternehmen, die IKT-Lösungen einsetzen, um ihre unternehmerischen Ziele besser erreichen zu können. In diesem Umfeld kommt Wirtschaftsinformatikern die Aufgabe zu, IKT-System optimal in die Unternehmensstruktur einzubinden. Typische Aufgabengebiete sind hier die Optimierung und Modellierung von Geschäftsprozessen, mit denen die Wertschöpfung im Unternehmen erreicht wird. Organisationen als Anwender finden sich in allen Bereichen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens. Anbieter von IKT-Systemen entwickeln und vertreiben zumeist spezialisierte Systeme der Informations- oder Kommunikationstechnik. Hierzu gehören Datenbanksysteme, Netzwerke sowie Systemlösungen für bestimmte Funktionen, z.B. im Bereich Marketing. Darüber hinaus werden auch vorkonfigurierte, größere Systeme angeboten, die dann speziell für den jeweiligen Kunden angepasst werden.

Wirtschaftsinformatiker finden in diesem Zusammenhang diverse Einsatzgebiete. Von der reinen Systementwicklung bis zur Projektleitung für integrierte Systeme bietet sich ein breites Aufgabenspektrum.

»Die Phasen der Analyse, der Konzeption, der Realisierung sowie des Testes und des Betriebes, aber auch des Outphasing von Systemen werden von Wirtschaftsinformatikern begleitet und gesteuert.«

Im Bereich der Einführung neuer IKT-Systeme entsteht beim Anwender ein Bedarf an Wissen, das nur temporär benötigt wird. Dieser Aufgabenbereich wird typischerweise von Beratern abgedeckt. Als Wirtschaftsinformatiker benötigt man hier neben dem Wissen über zukünftige Entwicklungen im IKT-Bereich auch Wissen über bisherige IKT-Strukturen. Häufig werden Berater eingesetzt, um Altsysteme abzulösen und durch neue Systeme zu ersetzen. Im Umfeld solcher Projekte treten nicht nur technische und wirtschaftliche Fragen auf. Besonderer Berücksichtigung bedürfen diejenigen Mitarbeiter des Kunden, die teilweise jahrelang mit einem bestimmten System als Anwender gearbeitet haben oder als Administratoren die Stärken und Schwächen des bisherigen Systems sehr genau kennen. Diese Beteiligten von einem neuen System zu überzeugen, gehört auch zu den Aufgaben von Wirtschaftsinformatikern, wobei Kenntnisse aus anderen Disziplinen, z.B. der Psychologie, hilfreich sind.

Das Berufsbild des Wirtschaftsinformatikers ist geprägt vom Lebenszyklus der IKT-Systeme. Die Phasen der Analyse, der Konzeption, der Realisierung sowie des Testes und des Betriebes, aber auch des Outphasing von Systemen werden von Wirtschaftsinformatikern begleitet und gesteuert.

In der Analysephase steht das Erfassen der Anforderungen des internen oder externen Auftraggebers im Vordergrund. Verständnis für die funktionalen Anforderungen sowie Einfühlungsvermögen bei der Ermittlung der Wünsche des Auftraggebers sind in dieser Phase besonders gefordert.

»Die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und anderen Organisationen hängt zunehmend von der Informations- und Kommunikationstechnik ab.«

In den Phasen von Konzeption und Realisierung stehen die Verbindung von wirtschaftlichen Anforderungen und technisch sinnvollen Lösungen im Vordergrund. Gefordert ist hier sowohl anwendungsbezogenes als auch technisches Know- How, das von Kompetenzen in der Projektarbeit, z.B. im Projektmanagement, begleitet wird.

Die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und anderen Organisationen hängt zunehmend von der Informations- und Kommunikationstechnik ab. Internet, E-Commerce und Mobile Anwendungen ermöglichen einen neuen Zugang zu Kunden. Gleichzeitig steigen aber auch die Anforderungen der Kunden, wie sie Zugang zu Sachgütern und Dienstleistungsprodukten erhalten können.

Die Digitalisierung der ökonomischen Welt, verbunden mit der politischen, wirtschaftlichen und akademischen Globalisierung, wird weiterhin einen großen Bedarf an Wirtschaftsinformatikern generieren. Dies gilt für den nationalen Bereich, aber auch auf internationaler Ebene.

Kurzvita

Prof. Dr. Dietmar Bönke studierte Maschinenbau und Wirtschaftswissenschaften an den Universitäten Braunschweig und Göttingen. An der Universität Trier promovierte er »Computer Integrated Manufacturing (CIM)«. Zehn Jahre praktischer Tätigkeiten führten Herrn Bönke in Berufsfelder der Industrie, des Handels und der Dienstleistungen, u.a. bei einem Werkzeugmaschinen-Hersteller, in einem Softwarehaus, im Automobilbau sowie in einem Touristik-Konzern. Seine fachlichen Schwerpunkte lagen dabei bei IKTSystementwicklungen in den Bereichen Tour Operating und Electronic Business, Service Engineering und Supply Chain Management. Seit September 1999 ist Herr Bönke an der FH Reutlingen in den Studiengängen Wirtschaftsinformatik als Professor für das Lehrgebiet »Informationssysteme für Produktion, Handel und Dienstleistung« tätig. Veranstaltungsschwerpunkte sind Logistik, Produktion, Entwicklung kommerzieller Informationssysteme sowie systematische Dienstleistungsentwicklung und virtuelle Marktplätze. Darüber hinaus engagiert sich Herr Bönke in weiteren Bereichen. So ist er Gründungsmitglied der Deutschen Oracle-Anwender-Gruppe (DOAG) und unterstützt die Europäische Kommission als wissenschaftlicher Gutachter.
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