Ahoi Praha! Auslandssemester an der CVUT in Prag (Tschechien)
Informationen zur Person
Name: Anna-Lena Menn
Heimatuniversität: Technische Universität Braunschweig
Gastuniversität: CVUT Praha
Studiengang: Elektrotechnik / Diplom im 8. Semester
Schwerpunkt: Energietechnik
Wie alles begann
Den Wunsch einmal im Ausland zu leben und zu studieren hatte ich schon zu Beginn meines Studiums, aber ich wollte etwas anderes sehen und erleben, als alle, die nach Spanien, Italien oder England streben. Deshalb habe ich mich entschieden gen Osten zu gehen. Ich hatte die Wahl zwischen Polen und Tschechien und habe dann die Hauptstadt Tschechiens gewählt. Meine konkrete Planung begann dann Anfang 2008 und musste dann auch sehr schnell abgeschlossen werden, da ich im März 2008 schon meine Bewerbung im International Office (IO) einreichen musste. Man sollte möglichst früh, also mindestens ein ganzes Jahr vorher mit der Planung beginnen. Die Formalitäten vom IO waren schnell erledigt. Aufwändiger ist da die Auswahl der Vorlesungen gewesen. Die Recherche im Internet und auch die Frage, was ich denn genau in Prag hören möchte, hat mich schon einiges an Zeit gekostet, aber man findet alles in englischer Sprache – welche übrigens auch Vorlesungssprache ist. Dieser Aufwand sollte aber niemanden von einem Auslandsaufenthalt abhalten. Ich habe mir im Vorhinein von meinen Professoren das Okay geben lassen, dass die jeweilige Vorlesung anschließend auch anerkannt wird. Ansonsten waren von meiner Seite aus keine großen Vorbereitungen nötig. Absolut klasse fand ich, dass die Prager Uni jedem Erasmusstudenten automatisch ein Wohnheimzimmer zur Verfügung stellt.
In Prag angekommen ging es erst einmal ins Wohnheim. Dort angelangt habe ich Tomas, meinen Buddy, kennen gelernt. Er hat mir besonders am Anfang sehr viel geholfen. Dieses Buddysytem ist Teil des International Student Club (ISC) an der Uni. Dieser Verein kümmert sich um alle ausländischen Studenten an der »Ceské vysoké uceni technické Praha« (CVUT Praha) und er macht einen verdammt guten Job. Jeder »Fremde« bekommt einen Buddy zugeteilt, sie veranstalten wöchentliche Länderpräsentationen, haben ein Büro, in dem man Drucken, Scannen, Kopieren und Surfen kann, sie veranstalten Ausflüge und die Willkommenswoche, verkaufen tschechische SIM Karten und bieten Sprachkurse von Studenten für Studenten an. Es mangelt also an nichts und gerade der Anfang wird einem dadurch sehr erleichtert.
Die Willkommenswoche sollte man auf keinen Fall verpassen. Hier erhalten Gaststudenten alle wichtigen Informationen über die Uni, die Stadt und lernt alle Leute kennen, selbst die Immatrikulation ist mit inbegriffen. Meinen Anfang dort fand ich relativ reibungslos. Das Einzige womit ich am Anfang zu kämpfen hatte, war die englische Sprache. Daran musste ich mich erst gewöhnen, aber nach 2-3 Wochen war auch dies kein Problem mehr.
Die Uni
Nachdem wir dann erst einmal die Stadt und das Bier, welches in Prag allgegenwärtig ist, in vollen Zügen genossen hatten, fing Anfang März die Uni an.
Ein Wort vorab: Prag ist nicht Havard! Die Vorlesungen werden zwar in englischer Sprache angeboten, werden aber fast nur von Erasmusstudenten besucht und die wollen nicht immer viel lernen, wenn sie im Ausland sind. Zudem ist das Englisch mancher Professoren auch mehr Zustand als Sprache. Eine Vorlesung habe ich deswegen sogar aufgegeben. Mit der nötigen Eigeninitiative allerdings kommt man auch an dieser Stelle weiter. Trotzdem habe ich insgesamt doch einiges gelernt während meines Auslandssemesters in Prag, nur dass es nicht dieses intensive Lernen war, das ich aus Deutschland kenne. Für meine Sensorenvorlesung musste ich zum Beispiel ausführliche Laborberichte schreiben, was mir in Braunschweig noch nicht begegnet war. In Medizin für Ingenieure gab es dann eine Abschlusspräsentation über Kernspintomographie, in Signalverarbeitung habe ich MATLAB gelernt und eine Hochfrequenzvorlesung zu hören, ohne die Grundlagen der Leitungstheorie zu kennen, kann ebenfalls interessant sein.
Auch gab es keine großen Übungen, sondern immer Labore zu den Vorlesungen. Gerade in Informationstechnik und Hochfrequenztechnik fand ich das allerdings besser. In einem weiteren Fach schrieb ich während des Semesters zwei Klausuren, die anderen Prüfungen dagegen wurden, wie auch in Deutschland, zum Ende des Semesters mit einer Klausur oder einer mündlichen Prüfung abgeschlossen.
Das Leben
Ich habe in Prag in einem Studentenwohnheim gewohnt, wobei es üblich ist sich zu zweit ein Zimmer zu teilen. Die Aussicht, sich mit jemand Fremdem ein Zimmer zu teilen, hört sich nicht gerade sehr prickelnd an, aber es kann klappen und war für mich eine tolle Erfahrung und Toleranzgrenzenerweiterung. In Tschechien wird das so gehandhabt und letztendlich sind es ja nur ein paar Monate. Wer auf seine wöchentlichen Kochabende oder die gewohnte Ruhe absolut nicht verzichten möchte, kann natürlich auch ein Zimmer in einer privaten WG suchen. Freunde findet man ebenfalls schnell, alleine bleibt keiner. Dafür sorgen vor allem die Aktivitäten des ISC.
Die tschechische Sprache habe ich leider kaum wirklich lernen können. Einerseits ist sie nicht gerade einfach, andererseits steht Englisch immer im Vordergrund. Die Tatsache, dass ich vor allem internationale Freunde hatte und die Angst sich bei der Aussprache die Zunge zu brechen, haben mich vor großen Spracherfolgen abgehalten.
Die Kultur
Über das Thema Kultur lässt sich sehr viel schreiben. Ich habe zum Beispiel einen Kurs »Deutsch als Fremdsprache« für Fortgeschrittene geleitet und es ist eine besondere Erfahrung, Sachen erklären zu müssen, die für mich ganz selbstverständlich sind.
Auch fiel mein erster Opernbesuch in die Pragzeit und die Karte hat nur ganze 1.50 Euro gekostet. Die Staatsoper besitzt ein super Repertoire und hat nur einen spielfreien Tag in der Woche. Der Besuch lohnt sich schon allein wegen des tollen Interieurs.
Museen und Konzerte gibt es in Hülle und Fülle und die tollen Gebäude am Wegesrand müssen auch immer wieder neu bestaunt werden. Dann sind da natürlich noch die Hauptsehenswürdigkeiten nicht zu vergessen, die wir irgendwann alle in und auswendig kannten (Burg, Karlsbrücke und, und, und). Ebenso gibt es schöne Parks (z.B. Letnapark) und Naherholungsgebiete (Divoka - arka), in denen man bei schönem Wetter Faulenzen und ganz entspannt ein Bierchen schlürfen kann.
Die Bierkultur wird in Tschechien ganz groß geschrieben. Bier gibt es immer und überall und es ist vielerorts sogar günstiger als Wasser. Was das Essen angeht, möchte ich behaupten, dass der Fleischanteil bei mehr als 50 Prozent besteht und die anderen 50 Prozent Knödel umfassen. Gemüse und frische Salate spielen eher eine untergeordnete Rolle.
Sportereignisse haben wir auch fleißig und preisgünstig mit verfolgt: Es ging zum Playofffinale im Eishockey, der Nationalsport ist, bzw. ins Fußballstadion von Sparta oder Slavia Prag. Auch sind wir viel gereist und ich habe Pilsen, Liberec, Kutna Hora, Karlsbad, Südböhmen in Tschechien besucht und dann noch ein Wochenende in Budapest verbracht.
Fazit
Absolut empfehlenswert!
› Leute aus Europa und der ganzen Welt kennenlernen
› Ein tolles und günstiges Leben
› Gut für englische Sprachpraxis
› Die Stadt Prag ist einfach umwerfend!