Bachelor-Absolventen - Alle Türen offen?
Was können die neuen Studienabgänger? Offensichtlich eine ganze Menge, denn im Großen und Ganzen sind Unternehmen, die Bachelors beschäftigen, mit deren Fähigkeiten zufrieden. Und selbst wenn sich die Betriebe über mangelnde Kompetenzen des akademischen Nachwuchses beklagen – an deren Gehalt und Aufstiegschancen ändert das nichts.
Die Anforderungen sind klar: Unternehmen wünschen sich vor allem, dass die Absolventen der Bachelor-Studiengänge in der Lage sind, sich rasch in neue Fachgebiete einzuarbeiten und ihr Wissen auf neue Problemstellungen anzuwenden – und das möglichst selbstständig. Auch Sozialkompetenzen wie Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit setzt der Großteil der Arbeitgeber bei den jungen Studienabsolventen voraus. Spezielles Fachwissen oder die Kenntnis wissenschaftlicher Methoden sind dagegen nicht ganz so wichtig, wie eine Befragung von rund 1.500 Unternehmen durch die Institut der deutschen Wirtschaft Köln Consult GmbH zeigt.
Nicht alle Hochschulabsolventen entsprechen allerdings dem Wunschprofil der Unternehmen.
Die Hälfte der befragten Unternehmen gibt an, dass sie mit der Fähigkeit der Bachelor-Absolventen, sich in neue Fachgebiete einzuarbeiten, nicht hundertprozentig zufrieden ist.
Ein Zehntel der Betriebe sieht hier sogar sehr große Lücken. Dagegen finden 40 Prozent der Unternehmen, dass die Bachelors diese Erwartungen voll und ganz erfüllen und in der Lage sind, sich schnell in neue Sachverhalte einzuarbeiten.
Etwas ungünstiger fällt das Urteil der Firmen in Bezug auf die zweitwichtigste Kompetenz aus: der Fähigkeit, mittels vorhandenen Wissens neue Probleme anzugehen und möglichst auch zu lösen. Gut jedes fünfte Unternehmen attestiert den Bachelors hier deutliche Diskrepanzen; nur rund 30 Prozent der Betriebe sehen ihre Anforderungen uneingeschränkt erfüllt.
Ein uneinheitliches Meinungsbild gibt es bezüglich der analytischen Fähigkeiten der Bachelors. Während für rund 40 Prozent der Unternehmen hier Anspruch und Realität in Einklang miteinander stehen, sind für genauso viele durchaus einige Mängel vorhanden. Weitere 15 Prozent stellen große Diskrepanzen fest.
Ebenfalls besser ausfallen könnten die Beurteilungen hinsichtlich der sozialen Kompetenzen. Am besten ist aus Unternehmenssicht noch die Kooperationsfähigkeit der Bachelors ausgeprägt, am schlechtesten schneidet der Nachwuchs bei der Problemlösungsfähigkeit ab.
All das klingt zwiespältig – Grund zur Aufregung gibt es allerdings nicht. Denn die festgestellten Defizite sind kein neues Phänomen.
In früheren Unternehmensbefragungen zeigte sich, dass auch Diplom-Absolventen Mühe hatten, Theorie und Praxis nahtlos miteinander zu verknüpfen.
Dennoch ist in den Betrieben der Einarbeitungsbedarf bei den Bachelors häufig höher als bei den Diplomanden. Von den Unternehmen, deren Erwartungen in puncto Fachkompetenzen enttäuscht wurden, stellen immerhin fast 40 Prozent fest, dass die Bachelors deutlich mehr Einstiegshilfen benötigen als die bisherigen Diplom-Absolventen.
Wie viel ein Bachelor verdient
Gleichwohl brauchen sich die Bachelors nicht zu grämen: Trotz des Mehraufwands, den die Unternehmen vielfach durch sie haben, wirkt sich dies nicht negativ auf ihr Einkommen aus.
Die Hälfte der Bachelor-Ingenieure erhält laut Unternehmensangaben ein Einstiegsgehalt zwischen 30.000 und 40.000 Euro, 40 Prozent kommen sogar auf ein Jahressalär zwischen 40.000 und 50.000 Euro.
Auch Betriebe, die tendenziell unzufrieden mit ihren Bachelors sind, weichen von diesem Gehaltsgefüge nicht ab – ein Befund, der übrigens auch auf Bachelor-Absolventen mit wirtschaftswissenschaftlichem Hintergrund zutrifft.
Doch nicht nur in Sachen Gehalt, auch hinsichtlich der Einstiegspositionen können die Bachelors entspannt in die Zukunft blicken. Selbst wenn ihre Leistungen noch nicht in allen Punkten als zufriedenstellend angesehen werden, brauchen sie keine Nachteile zu befürchten. Denn unabhängig von der Leistungsbewertung starten die Bachelors – wie ihre Kollegen mit Master- oder Diplomabschluss – in den meisten Unternehmen als Sachbearbeiter oder Projektmitarbeiter ins Berufsleben.
Und auch die Karriere ist nach oben offen: Bachelor-Absolventen können laut Firmenbefragung zum Projektleiter, Bereichsleiter, Abteilungsleiter oder Fachgebietsleiter aufsteigen – und zwar unabhängig davon, ob sie beim Berufseinstieg noch Defizite hatten oder nicht.
Dass die Unternehmen den Absolventen der neuen Studiengänge eine gewisse Entwicklungszeit einräumen, mag bei den jungen Ingenieuren bereits auf den Fachkräftemangel zurückzuführen sein; denkbar ist aber auch, dass Arbeitgeber schlicht und einfach das Entwicklungspotenzial der Berufseinsteiger höher bewerten als deren Kenntnisstand unmittelbar nach dem Studium.
Von Bologna zum Beruf
Die Umstellung auf die neuen Bachelor- und Masterabschlüsse – eines der maßgeblichen Ziele der Bologna-Reform – ist in Deutschland nahezu abgeschlossen: In neun von zehn Studiengängen haben Bachelor und Master die alten Titel abgelöst.
Meist bleiben die Bachelor-Absolventen jedoch an der Hochschule, obwohl der Abschluss als berufsqualifizierend gilt: An den Fachhochschulen nehmen im Schnitt 54 Prozent der Bachelors ein Jahr nach der Prüfung ein Masterstudium auf, an den Universitäten sind es sogar 77 Prozent.
Ungeachtet der Scheu vor einem direkten Berufseinstieg beschäftigen mittlerweile 13 Prozent der Unternehmen in Deutschland Bachelors. Von den größeren Unternehmen haben sogar zwei Drittel Bachelor eingestellt. Zum Vergleich: Master-Absolventen finden sich in 7 Prozent der Unternehmen, Diplom-Akademiker in 48 Prozent.
Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln