Interviewpartner
Welche vorteilhaften Eigenschaften bringen Bewerber mit Auslandserfahrung für den Berufsstart mit?
Auslandserfahrung bedeutet für mich, dass jemand gelernt hat, sich in einer fremden Umgebung zurecht zu finden. Dazu gehören meines Erachtens die Verbesserung der Sprachkenntnisse, die Toleranz und Offenheit gegenüber Fremdartigem und Ungewohntem und das Verständnis, dass man auch auf andere Art und Weise (also nicht unbedingt auf die deutsche) zum Ziel kommt. Diese Eigenschaften kann man wunderbar während des Studiums sammeln, allerdings nur, wenn man sich darauf einlässt. D.h., wenn man mehr macht, als sich mit den anderen deutschen Austauschstudenten anzufreunden.
Für 77% der von Herrn Schnackertz befragten Unternehmen ist Auslandserfahrung keine Selbstverständlichkeit und
somit keine Einstellungsvoraussetzung. Wie ist das in Ihrem Unternehmen?
Auch bei uns ist der Auslandsaufenthalt keine Einstellungsvoraussetzung. Das liegt aber vor allem daran, dass wir sehr regional aufgestellt sind. Grundsätzlich wird Auslandserfahrung aber als durchweg positiv bewertet, weil die oben genannten vorteilhaften Kriterien auch Unternehmen zugute kommen, die ausschließlich regional aufgestellt sind.
Für viele Unternehmen sind Auslandserfahrungen bei der Einstellungsentscheidung ähnlich wichtig, wie z.B.
fachrelevante praktische Erfahrungen und Sprachkenntnisse. Unter welchen Umständen kann ein Bewerber mit
Auslandserfahrungen in Ihrem Unternehmen mit Einstellungsvorteilen rechnen?
Einstellungsvorteile ergeben sich vor allem dann, wenn die Stelle Auslandserfahrungen fordert. Das ist vor allem im Vertriebsbereich der Fall. Aber auch im Kontakt mit Kunden als Projektleiter kann ein Auslandsaufenthalt im Lebenslauf vorteilhaft sein, weil man eben neben den fachlichen Kompetenzen zeigen kann, dass man auch über soziale Kompetenzen verfügt. Allerdings geht dem immer voran, dass die fachlichen Anforderungen im Wesentlichen passen müssen. Man kann niemanden einstellen, der zwar sehr gut den amerikanischen Markt versteht, aber von dem Produkt keine Ahnung hat.
In welchen Tätigkeitsfeldern haben Bewerber mit Auslandserfahrung bei Ihnen Einstellungsvorteile? In welchen
Bereichen setzen Sie diese sogar voraus?
Tätigkeitsfelder, in den Auslandserfahrung Vorteile bringen können, sind vor allem im Vertrieb, Marketing, Personal oder aber auch im Projektmanagement zu finden. Eben dort, wo man viel mit Kunden zu tun hat, sich auf andere Personen und deren Wünsche und Vorstellungen einstellen können muss. Voraussetzung für eine Einstellung sind Erfahrungen im Ausland dann, wenn die Stelle es explizit vorschreibt, dass das Kriterium erfüllt sein muss also beispielsweise wenn man ausländische Kunden betreut, das Produkt auf einem ausländischen Markt vertreibt etc.
Was ist wichtiger für den Berufsstart eines Bachelor-Absolventen: das Einhalten der Regelstudienzeit oder die
Auslandserfahrung? Unter welchen Umständen kann ein Auslandsaufenthalt eine verlängerte Studienzeit
ausgleichen?
Auslandserfahrung im übrigen genau wie Praktika im Inland sind in meinen Augen immer höher zu bewerten als das Einhalten der Studienzeit. Über ein oder zwei Semester mehr wird sich kein Arbeitgeber aufregen,wenn diese Zeit sinnvoll genutzt wurde. Die Erfahrungen, die man während eines Auslandsaufenthaltes machen kann, kann man nicht im Studium daheim lernen. Denn neben den oben genannten positiven Eigenschaften zeigt der Student auch, dasser sich organisieren kann und auch abseits der Studienordnung die Augen und Ohren offen hält.
Statistisch betrachtet ist ein mind.
6-monatiger, studienbezogener Auslandsaufenthalt in Asien oder Nordamerika optimal. Wie sieht ein optimaler
Auslandsaufenthalt für eine Bewerbung in Ihrem Unternehmen aus?
Grundsätzlich halte ich ein längeres Auslandspraktikum (mindestens drei Monate) im Rahmen des Studiums für die beste Möglichkeit Auslandserfahrungen zu sammeln, so dass man auch im späteren Berufsleben Vorteile davon hat. Allerdings ist der Auslandsaufenthalt erst dann optimal, wenn er die Anforderungen an die Stelle erfüllt. D.h., ein sechsmonatiges Praktikum in China ist zwar gut, aber nicht unbedingt vorteilhafter, als das Auslandsstudium in Frankreich, wenn für die Stelle jemand gesucht wird, der den französischen Markt bearbeiten soll. Und insgesamt zählen zunächst immer die fachlichen und sozialen Kompetenzen, bevor ein Auslandsaufenthalt als Alleinstellungsmerkmal einen Vorteil erzielen kann. Denn ein Auslandsaufenthalt ist immer nur ein Baustein im gesamten Lebenslauf des Kandidaten und kann damit nicht DIE Aussagekraft haben, um über ein gutes oder schlechtes Profil eines Kandidaten entscheiden zu können.