Bereits zu Schulzeiten wurde ich auf das Studienfach Bauphysik aufmerksam: Im 4-stündigen Physikkurs bot unser Lehrer einen Ausflug zum Tag der Bauphysik an das Fraunhofer-Institut für Bauphysik an. Da bekanntlich alles besser ist als Unterricht, fand dieses Angebot die umfassende Zustimmung der Klasse.
Bei Butterbrezeln und Maultaschen wurde uns etwas über das Arbeitsfeld des Bauphysikers, die guten Berufsaussichten und aktuelle Entwicklungen im Bereich erzählt. Von diesem Tag an war mir klar: das will ich studieren. So kam es dann auch und schon bald war das interessante und kurzweilige Studium an der Hochschule für Technik (HFT) Stuttgart erfolgreich beendet. Über meine berufliche Laufbahn hatte ich mir aufgrund der sehr guten Berufsaussichten für Bauphysiker nie wirklich Gedanken gemacht. Vielmehr waren ich und meine Kommilitonen in der Lage, alles auf uns zukommen zu lassen. Dass alles derart gut läuft, hat mich selbst überrascht. Nachdem ich mein Wissen im Masterstudiengang Nachhaltige Energiewirtschaft und -technik (SENCE), der von der Hochschule Rottenburg in Kooperation mit dem Bauphysik-Bereich der HFT angeboten wird, erweitert und vertieft habe, arbeite ich inzwischen in einem Ingenieurbüro in Stuttgart.
Mein thematisch breit gefächerter Aufgabenbereich umfasst unter anderem die thermische Simulation von Gebäuden, die Berechnung komplexer Feuchte- und Wärmetransportprobleme, die Erstellung von regenerativen Energiekonzepten, die Simulation der Tageslichtnutzung und die Beratung von Architekten bei internationalen Wettbewerben im Hinblick auf bauphysikalische und energietechnische Problemstellungen. Die ersten 100 Tage im Job waren ganz schön verrückt. Ich wurde direkt in ein Großprojekt in Russland integriert, für welches ich eigenverantwortlich den Heizwärmebedarf und die Tageslichtverfügbarkeit mit schlecht übersetzten russischen Normen nachweisen durfte. Glücklicherweise ist die Physik überall gleich und die praxisbezogene Ausbildung während des Studiums hat mir sehr geholfen, den Berufseinstieg gut zu meistern. Das Arbeiten macht über weite Strecken viel Spaß und ich kann jedem nur empfehlen, sich ein Studium zu suchen, das einem liegt. Dadurch fällt der spätere Berufseinstieg leichter und das allmorgendliche Aufstehen geht ebenfalls einfacher von der Hand.
Meiner Meinung nach ist der erste Job fast genauso wichtig wie das Studium. Nimmt man zuerst einen sehr spezialisierten Job an, muss man damit rechnen, auch in Zukunft bevorzugt in diesem Bereich zu arbeiten. Wenn ihr euch also noch nicht sicher seid, was ihr genau wollt, dann geht zuerst in ein kleineres Unternehmen, in welchem ihr aufgrund der geringeren Anzahl an Beschäftigten viele Aufgabenfelder übernehmen müsst. Dann werdet ihr schon merken, was euch Spaß macht und was nicht. Beim ersten richtigen Job wird man meist auch zum ersten Mal ernsthaft mit der Frage konfrontiert, was die eigene Arbeit wohl wert ist. Ich hoffe, ihr könnt bei dieser Frage schon auf Erfahrungen von Kommilitonen zurückgreifen. Wenn nicht, dann äußert lieber etwas zu hohe Gehaltsvorstellungen und signalisiert gleichzeitig Verhandlungsbereitschaft. Aber das Gehalt ist nicht alles, auch wenn man nach dem Studium endlich mal richtig Geld verdienen will.
Jetzt noch mein ganz persönlicher Tipp, um die Karriereleiter schneller zu erklimmen: Kuchen. Dadurch lernt man auch die Kollegen kennen, welche nicht direkt mit einem zusammenarbeiten, und Kontakte sind wichtig, um nach oben zu kommen.
Autor / Werdegang
Micha Illner
Studium Bauphysik an der Hochschule für Technik Stuttgart
Bauphysiker bei WSGreenTechnologies